Verkehrsmodell Lassen Sie uns ein weiteres interaktives Modell ansehen, damit Sie etwas vertrauter damit werden, wie agentenbasierte Modellierung funktioniert. Öffnen Sie NetLogo und dort im Menu 'Files' > 'Models Library' > 'Social Sciences' > 'Traffic Basic'. Dieses Verkehrsmodell will ich heute besprechen. Die Fragestellung zu diesem Modell, dessen Idee übrigens ursprünglich von einem Schulkind stammt, ist, wie Staus entstehen. Wenn man 'setup' anklickt, sieht man, wie die Welt in diesem Modell beschaffen ist. Es ist im Wesentlichen eine Schleife: Autos kommen von links, fahren nach rechts und wenn sie rechts den Ausschnitt verlassen, kommen sie gleich wieder von links ins Bild. Man nennt das auch Pac-Man-Welt: rechts aus dem Bild raus entspricht links rein ins Bild, eben ein eindimensionaler Torus. Bei diesem Beispiel sehen wir einige Dinge, die wir beim Waldbrand-Modell noch nicht besprochen haben Hier bei 'Car speeds' wird ein Graph der Geschwindigkeiten zu sehen sein. Ein Auto ist rot hervorgehoben. Es hat ansonsten die gleichen Eigenschaften wie alle anderen. In NetLogo lässt sich einfach ein Agent derart hervorheben, damit man sein Verhalten besser erkennt. Ursprünglich sollte das Modell einfach fließenden Verkehr modellieren, ohne Hindernisse. Doch in diesem Fall war das Ergebnis nicht wie erwartet. Lassen wir es also laufen und sehen, was passiert. Wie Sie sehen, entsteht gleich, aus dem Nichts, ein Stau. Dieser Stau wird tatsächlich die ganze Zeit, in der wir das Modell laufen lassen, bestehen bleiben. Dieses Phänomen ist ziemlich robust gegenüber Veränderungen der Parameter. Allerdings kann man sie schon so wählen, dass es keinen Stau gibt, z.B. indem man die Anzahl der Autos stark reduziert. Aber ansonsten können wir ein paar mal das Setup erneuern und bekommen immer wieder Stau. Das schöne an Modellen mit Simulation ist, dass man etwas ausprobieren kann, z.B. ob es bei weniger Autos keinen Stau gibt. Verändern wir also ihre Anzahl und starten es neu. Mit viel weniger Autos fließt der Verkehr tatsächlich ohne Stau, die Agenten bewegen sich mit ihrer maximalen Geschwindigkeit. Diese ist in dem Modell vorgegeben und wird hier von den Agenten erreicht. Doch zurück zu dem Fall, bei dem sehr schnell ein Stau entsteht. Erneuern wir das Setup und lassen es laufen. Ich möchte Sie auf etwas aufmerksam machen: Wie würde man das Modell aus einer klassisch statistischen Perspektive beschreiben? Z.B. durch die minimale, maximale und evtl. die durchschnittliche Geschwindigkeit. Oft verfallen Leute darauf, den Durchschnitt zur Charakterisierung eines Systems heranzuziehen. Bei diesem Modell wäre der Durchschnitt etwa 0.227. Aber in dieser Geschwindigkeit bewegt sich keines der Autos. Was passiert ist: die Geschwindigkeit der Autos ist beinahe Null, wenn sie in den Stau kommen. Danach beschleunigen sie immer weiter, werden linear schneller, bevor der Stau sie wieder auf Null bremst. Die Zeit, die ein Auto mit der Durchschnittsgeschwindigkeit fährt ist also verschwindend gering. Daher ist der Durchschnitt keine gute Charakterisierung der Geschwindigkeit der Autos. Und das sieht man eben besonders gut durch die Hervorhebung des roten Autos, das ansonsten ist wie alle anderen. Gerade bei den dynamischen Systemen, die auf agentenbasierten Modellen beruhen, ist es also besonders wichtig, die Dynamik selbst im Blick zu haben, nicht nur allgemeine Durchschnitte und ähnliches. Eine der Stärken agentenbasierter Modelle ist, dass man das Verhalten der einzelnen Agenten sichtbar machen kann, so dass man damit besser zurecht kommt und es versteht.